(03) Unverständliche Antragsformulare

Sie sollen für den Leistungsantrag ein längeres Antragsformular ausfüllen, aber Ihre deutschen Sprachkenntnisse sind noch nicht so gut. Was tun?

Sie lassen sich von einem Bekannten beim Ausfüllen der Bürgergeld-Vordrucke helfen und legen dem Jobcenter einen richtig gut ausgefüllten Antrag vor

Sie füllen den Antrag so gut aus, wie Sie es eben können – keinesfalls perfekt, mit etlichen Fehlern und Lücken.


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(02) Arbeit finden… ohne Arbeit und Mindesteinkünfte auch kein Anspruch auf Bürgergeld!

Sie haben nach längerer Suche eine Anstellung als Putzhilfe bekommen, so richtig mit Mindestlohn, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaubsanspruch – aber leider nur für zwei Putzstellen, mit zusammen 5 Stunden in der Woche und 206 € Lohn monatlich. Das reicht nicht aus, weder für eine Miete, noch zum Leben. Bitte entscheiden Sie sich durch Anklicken für eine der beiden Möglichkeiten:

Erst mal stillhalten und arbeiten: Aber da diese Arbeit nur geringfügig ist und der Lohn noch nicht mal dafür reichen würde, eine Wohnung zu mieten, gehen Sie mit dem Arbeits­vertrag zum Jobcenter und beantragen ergänzend Bürgergeld-Leistungen.

Sie versuchen, mehr zu arbeiten: Sie beknien ihren Arbeitgeber (überlegen Sie bitte, wie Sie das anstellen könnten), Ihnen zumindest eine weitere Putzstelle zu besorgen. Sie dürfen nun 8 Stunden wöchentlich arbeiten, was 330,- € brutto ausmacht.
Da auch dieser Lohn nicht mal für die Miete reichen würde, gehen Sie mit dem Arbeitsvertrag zum Jobcenter und beantragen ergänzend “Bürgergeld” (vormals Hartz IV).


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(01) Start: Sie versuchen, als EU – Bürger in Deutschland Fuß zu fassen

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Sie kommen aus Bulgarien oder Rumänien und wollen hier Grundsicherungsleistungen beantragen, weil das Geld aus Ihrem Job zum Leben in Deutschland nicht reicht. Ihre Chancen dafür stehen nicht gut.

Denn bei der Prüfung Ihres Antrags kommt die bereits erwähnte Dienst-anweisung zur Anwendung, die Arbeitshilfe „Bekämpfung von bandenmäßigem Leistungsmissbrauch im spezifischen Zusammenhang mit der EU-Freizügigkeit“.

Allein Ihre Herkunft macht Sie verdächtig. Wenn Sie dann noch – als Ausländer – einen perfekt ausgefüllten Leistungsantrag abgeben, oder mehrmals hintereinander mit der gleichen Vertrauensperson als Begleiter und Dolmetscher im Jobcenter erscheinen: noch schlimmer! Das macht Sie noch verdächtiger. Ihr Sachbearbeiter ist in diesem Falle gehalten, Ihren Antrag besonders penibel zu prüfen und diesen auch nur bei Vorliegen geringster Zweifel abzulehnen.

Als besonders unerwünscht, und verdächtig, gelten in diesem Zusammenhang offenbar Angehörige der Sinti und Roma, die in ihren Herkunftsländern meist diskriminiert und besonders stark ausgebeutet werden und zudem häufig in heruntergekommenen Vierteln leben, wie dem Stadtteil Stolipinovo in der Stadt Plovdiv1. Sie kommen nach Deutschland, um hier zu arbeiten und ihre Kinder unter besseren Umständen großzuziehen – die Charta der EU-Grundrechte gibt ihnen grundsätzlich das Recht dazu. Ihnen wird es hier ganz besonders schwer gemacht, aufstockende Sozialleistungen zu beziehen.

Die Konzeption unseres Spiels orientiert sich an den Anweisungen der „Arbeitshilfe“. Am besten stellen Sie sich das Spiel als virtuellen Hindernislauf vor. Wir lernen, wie Leistungsausschlüsse im Sozialrecht funktionieren. Wir lernen, was für Hindernisse Ihnen seitens der Bürokratie in den Weg gelegt werden können, wo typische Stolperfallen liegen und wie Sie die am besten umgehen.

Sind Sie bereit, bei diesem Spiel mitzumachen und quasi stellvertretend für viele Sinti und Roma (oder auch andere EU-Bürger*innen) zu versuchen, in Deutschland Fuß zu fassen?

Nur zu! Wenn Sie Glück haben, sind Sie in 5 Minuten durch. Selbstverständlich kann es – je nachdem, welche Vorgehensweise Sie wählen – auch deutlich länger dauern. Andere fliegen auch gleich wieder raus. Sie werden’ s erleben. Wir wünschen viel Erfolg!

Bitte entscheiden Sie sich für eine der beiden Möglichkeiten:

Noch eine Bemerkung vorweg:
Im Ernstfall, wenn Sie tatsächlich z.B. aus Bulgarien oder Rumänien kommen, nützen Ihnen die während des Spiels gewonnenen Erkenntnisse nicht besonders viel. Denn der Kranz der in das Spiel einbezogenen Aspekte und Verdachts-momente ist naturgemäß begrenzt. Oder anders ausgedrückt: Das Arsenal an denkbaren Zusatzforderungen, zusätzlich angesetzten Prüfungen und anderen Verzögerungsgründen, das dem jeweiligen Sachbearbeiter zur Verfügung steht, ist groß (um Sie vom Bezug aufstockender SGB II-Leistungen fernzuhalten). Und reicht weit über das hinaus, was hier im Spiel abgebildet wird.2


[1] hierzu z.B. die Doku „Im Ghetto – Die Roma von Stolipinowo“, auf Youtube unter https://nrw.rosalux.de/dokumentation/id/13990/im-ghetto-die-roma-von-stolipinowo.

[2] „Täter passen sich dem Vorgehen der Jobcenter an“, so lautet eine der Grundüberzeugungen der Bundesagentur für Arbeit. Daher müsse die Sachbearbeitung in ihren Anforderungen flexibel agieren.

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